Restaurierung: wie weit sollte man gehen?

[GP700]

Wie weit darf die Restaurierung eines Kleinwagens gehen?Meiner Meinung nach darf man einen solchen Wagen nicht in einen klinisch reinen Zustand versetzen, womöglich besser als er die Werkshallen verlassen hat.Meine erklärte Absicht ist es, einen Nachkriegs Kleinwagen nach über 40 Jahren Stillstand wieder auf die Straße zu bringen. Da die Laufleistung erst knapp 24000 km beträgt, ist der technische Zustand entsprechend gut. Lediglich Kurbelwelle und Bremsen haben durch die lange Standzeit gelitten (fest).Blechmäßig ist alles im grünen Bereich, nur unterhalb der Batterie ist ein Loch durch ausgelaufene Säure. Der gesamte Unterboden hat leichten Flugrost.Der Lack hat zwar einige sehr kleine Steinschlagschäden und etwas Kantenrost an Stellen, die man nicht sieht, ist aber ansonsten nach einer scharfen Politur wieder in erstaunlich gutem Zustand.Und genau diesen Zustand möchte ich erhalten, da ich dem Wagen nicht seine Geschichte rauben will.Nun meine Fragen: Wie kann man ein Auto in diesem Zustand bewahren und gleichzeitig trotzdem benutzen? Was taugen die handelsüblichen Rostumwandler (z.B. Fertan) zur Behandlung des Unterbodens, es ist übrigens kein Wachs oder U-Schutz vorhanden?Der Wagen steht noch auf den Conti-Originalreifen, die auch noch Luft halten, über 6mm Profil haben und nicht rissig sind. Reicht es neue Schläuche einzubauen oder sind solche Reifen (Bj. 1955) grundsätzlich Schrott. Das Auto fährt kaum schneller als 80km/h!Wie behandele ich den Unterboden? Gründlich schleifen und dann Zinkfarbe, Lack und Klarwachs?Herzliche Grüße aus der Eifel, Renéeditiert wegen orthographischer Schwächen.[Diese Nachricht wurde von GP700 am 27. April 2003 editiert.]

[arondeman]

Hallo René,gute Idee - ein gewisses Maß an Patina kann nicht schaden und ist allzu gelecktem Zustand allemal vorzuziehen. Ob Du das so durchziehen kannst, hängt einzig und allein von Dir ab, d.h. davon, inwieweit Du mit Steinschlagschäden u.ä. leben kannst. Auf die Meinung anderer Leute, die über solche kleine Macken die Nase rümpfen, würde ich an Deiner Stelle pfeifen, wenn dieser Zustand das ist, was DU (und nur DU) willst. Was Kantenrost und den Unterboden angeht, würde ich aber alle Stelle sorgsam entrosten , die so aussehen, als ob sie klammheimlich weiterrosten, wenn der Wagen unvermeidlicherweise mal in einen kräftigen Regenguss oder in Schmuddelwetter auf der Rückfahrt von einem Treffen gerät (Sätze wie "wird nur bei schönem Wetter gefahren" sind doch ein Ammenmärchen, stimmt's?).Und Lack-Retuschen z.B. an Blechkanten, die keiner sieht, solange er sich nicht unters Auto legt, sollten in puncto Erhalt der Patina doch nicht das Problem sein, oder?Viel Erfolg! - und stell doch hier mal ein paar Fotos Deines Zweit-GP rein, damit man einen genaueren Eindruck davon bekommt, was Du da so original erhalten willst.GrüßeStephan

[Sierra]

Hallo René, herzlichen Glückwunsch zu Deinem Schätzchen. Ich würd es auch so erhalten, wie es ist, jedoch weiterer Korrosion vorbeugen. Mit den alten Reifen würd ich mich jedoch nicht mehr auf die Straße wagen, auch nicht mit "nur" 80 km/h.Viele GrüßeMichael

[mog]

Ich bin auch ein Freund von Patina, es gibt schon genug sterile Klassiker. Den Unterboden würde ich anschleifen, mit Fertan behandeln, steichen und danach U-Wachs spritzen. Ich würde jedoch schwarzen U-Schutz wegen der höheren Schutzwirkung vorziehen. Danach 1 x jährlich mit Waxoil streichen damit der U-Schutz nicht aushärtet und in den Ritzen Wasser zieht. Den Kantenrost würde ich anschleifen und mit dem Pinsel streichen, oder wenn Du das nicht willst mit Hohlraum-Wachs behandeln. Alle Hohlräume würde ich sowieso wachsen. Was ist es denn für ein Oldie?

[FKS 750]

ich muß zugeben, das ich auf meiner BK (baujahr 1957) auch noch alte riesaer reifen (aus den 50er jahren) fahre, bis zu 10okmh schnell. hatte noch nie probleme damit--außer bei nässe ist vorsicht angesagt!grundsätzlich sollte man aber reifen die älter als 10 jahre sind nciht mehr nutzen........mußt du für dich selbst entscheiden.mfgps: erhalte die patina!

[Th. Dinter]

Hallo Rene,ich fahre seit Jahren auch so ein Patina-Auto, allerdings hat der inzwischen 80tsd drauf.Den Rost am Unterboden würde ich entfernen bis auf blankes Blech. Wo das nicht geht, Fertan genau nach Gebr.-Anleitung. Dann eine Rostschutz-Grundierung drüber und Lack. Dann Wachs. Entweder U-Schutz auf Wachsbasis oder eine gute Hohlraumversiegelung, die mußt Du öfter mal erneuern. Mit den Roststellen, die man nicht sieht, verfährst Du genauso. Kleine Steinschläge kann man erstmal austupfen. Damit kommt man normalerweise über Jahre hin.grußthomas

[3=6]

Hallo,ich kann mich meinen Vorrednern im wesentlichen anschließen, ein Auto mit echter, "gepflegter" Patina ist etwas besonderes (und der Weg der "sterilen" Vollrestaurierung bleibt dir ja immer noch offen).Nur bei allen Komponenten, die die Verkehrssicherheit des Kleinen betreffen solltest du in meinen Augen keine Kompromisse machen! Nachdem die Bremsen fest sind wirst du dich ja wahrscheinlich eh intensiv mit diesen befassen, ein anderer Punkt wären dann noch die schon angesprochenen Reifen:Natürlich könnte man mit den Reifen noch fahren, die Dinger sind auch nach 50 Jahren noch halbwegs rund und haben Profil - und würden es auch nach 25000 weiteren Kilometer noch haben, da die Dinger höchstwahrscheinlich steinhart sind und sich kaum abnutzen würden! Nur leider bieten solch harte Gummis kaum Traktion, insbesondere bei Nässe kann das Fahrverhalten kriminell werden! Da ist auch die "Ausrede", dass man kaum schneller als 80 km/h fährt völlig bedeutungslos (ich musste letzte Woche bei Tempo 30 wegen einem Kind voll in die Eisen)! Ich würde die Reifen daher in jedem Fall ersetzen, es ist zwar (wie FKS 750 schrieb) deine Entscheidung, aber sie betrifft nicht nur deine Sicherheit sondern auch die aller anderer Verkehrsteilnehmer!CU Marius

[Guido944]

Also ich persönlich würde da ansetzen, wo Handlungsbedarf ist, also Rost wegmachen.Ich würde jedoch nicht den ganzen Lack abschleifen und neu lackieren.Die Reifen kannst du allenfalls als Erinnerung aufbewahren, aber damit fahren? Naja, grenzt schon an groben Unfug.Tschoe, Guido

[GP700]

Hallo Freunde alten Bleches,ich habe mal ein paar Bilder auf meine Heimatseite gesetzt. Unten rechts in der deutschen Version gibt's einen Link auf die Restaurierungsstory. Das ist aber erst ein kleiner Anfang.Zu finden bin ich un meine Goliaths unter: http://home.arcor.de/weisshauptr Viel Spaß und danke für die schnellen Antworten.Herzliche Grüße aus der Eifel, RenéPS: Leute, die an allem etwas zu meckern haben, die jedes "nicht-Note-1-Auto" abqualifizieren und für die eine kleine Delle oder eine Macke im Lack den Untergang des Abendlandes bedeuten, interessierten mich noch nie. Ein leidlich gut erhaltener Originalzustand ist mir allemal lieber als ein mit unendlichem finanziellem Aufwand "restauriertes Stehzeug".

[der Braun]

Hallo René,herrliches Auto, herrlicher Zustand, herrliche Story. Danke für die Bilder.Gratuliere. Ich würde auch nur da bearbeiten, wo unbedingt Handlungsbedarf besteht. Wenn man sogar den Flugrost erhalten wollte, könnte man mit Fluid Film konservieren. Habe ich bei einem meiner Autos auch gemacht. Funktioniert zufriedenstellend, ist aber sicher nicht jedermanns Geschmack.Freundliche GrüßeMartin