Arbeitsmarkt: Kommunismus statt Markt?

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oldierolli
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Arbeitsmarkt: Kommunismus statt Markt?

Beitrag von oldierolli » Do 21. Okt 2010, 16:05

Hallo, die Qualität des Schulsystems und von Bewerbern mit niedrigem Bildungsniveau ist ein anderes Thema. Es geht doch momentan um FACH-Kräfte, bei denen es bis vor kurzem so war, dass TROTZ guter Voraussetzungen keine Ausbildungsplätze angeboten wurden, weil man GLAUBTE, dass erstmal kein Bedarf kommen würde. Das kommt davon, wenn man so denkt wie die amerikanischen "Quartalsbilanz-Proleten" anstatt längerfristigem Horizont. Eine Ausnahme war dort wohl nur der Herr Marshall. Und Herr Seehofer hat sicherlich Recht mit seiner Forderung, erstmal von den vorhandenen Arbeitslosen zu qualifizieren, was bei 5 Millionen (einschl. der verdeckten) Arbeitslosen auf mehr als ein Drittel zutreffen würde. Hätte man da rechtzeitig reagiert, wären die schon bald fertig. JAHRESbilanz/Legislaturperioden-ignoranten Gruß. RolfGanz vergessen: in Berlin hat ein KFZ-Betrieb bewusst den SCHLECHTESTEN (nach "Reichs-Zeugnis-Wertung) Bewerber eingestellt, und siehe - er macht sich gut. Also WAGEN statt zaudern.Beitrag geändert:21.10.10 16:04:39

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wokri
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Beitrag von wokri » Fr 22. Okt 2010, 17:05

Zitat:Original erstellt von oldsbastel am/um 21.10.10 09:29:48Zitat:Original erstellt von oldierolli am/um 20.10.10 18:51:37Also ist da (diesmal positive) Lobbyarbeit in den Gesetzgebungsasschüssen möglich.Du hast es ja selbst geschrieben. Lobbyarbeit, aber nicht Gesetzgebung! Ein kleiner, aber feiner Unterschied!Im Übrigen können die Betriebe nur so viele Menschen ausbilden, wie von den Schulen nachrücken. Wenn weniger nachrücken, können nur weniger ausgebildet werden. Für diese Erkenntnis reicht bereits die einfache Logik.Und außerdem wirst du niemals für jeden eine Lehrstelle finden, weil nicht alle Schulabgänger zu vermitteln sind. Grundvoraussetzung ist z.B. ein Schulabschluss. Das es Schulabgänger ohne Abschluss gibt, ist kein Problem der Wirtschaft, sondern ein Problem der Schulen und der Eltern.Und auch die Tatsache, dass es nicht nur in USA sondern auch in Deutschland Schüler schaffen, sich durch das gesamte Schulsystem durchzumogeln, ohne anschließend Lesen und Schreiben zu können, ist ein Problem der Schulen und nicht der Wirtschaft. Den Schuh müssen sich schon die Schulen respektive die Lehrer anziehen!Du wirst doch wohl kaum ernsthaft von einem Arbeitgeber verlangen, dass er sich Leutes ins Haus holt, die er beim besten Willen nicht auf die Kunden loslassen kann oder bei denen er Angst haben muss, dass sie ihm die Bude ausräumen.Wie immer strafst du andere als Stammtisch-Akrobaten, dabei verfällst du oftmals selbst auf dieses Stammtischniveau zurück.Aber kommen wir mal auf deine Aussagen zurück, du schreibst im zweiten Absatz, dass die Betriebe nur soviel Azubis einstellen können wie von der Schule kommen, da liegst du aber falsch! Eine Reihe mir bekannter Großbetriebe hier in der Region haben ihre betriebliche Ausbildung aus Kostengründen zurück gefahren. Hinsichtlich kurzfristiger Betrachtung mag das stimmen, langfristig wirkt sich das katastrophal aus. Fachkräftemangel, den man glaubt billig einkaufen zu können, nur wird dabei leider übersehen, dass man diese Kräfte dann auch anlernen muss, damit sie den betrieblichen Besonderheiten angepasst werden. Hatten wir schon häufiger in der Vergangenheit.Das ein Teil der Jugendlichen nicht ausbildungsfähig ist, da stimme ich dir zu. Jedoch lässt sich das in der Schule kaum bis gar nicht lehren. Hier sind zum Einen die Eltern gefragt, aber auch Betriebe haben eine soziale Verantwortung. Oftmals lässt sich gerade für diesen Personenkreis feststellen, dass sie im betrieblichen Umfeld, wo eine Verbindung zwischen praktischer Arbeit und theoretischem Inhalt existiert, besser lernen. Beispiele gibt es in der Bundesrepublik genügend. Hier in Südniedersachsen haben wir solche Modelle, wo allgemeinbildende Schulen und Betriebe zusammenarbeiten, gerade im Hinblick auf die sog. Schulversager.In deinem fünften Absatz schreibst du, dass es keinem Arbeitgeber zu zumuten sei Jemanden einzustellen, den man nicht auf Kunden loslassen könne. Muss er auch nicht, aber kann Jugendliche nach ihren Leistungen einstellen, den, der etwas einfach gestrickter ist, der kann in der Werkstatt durchaus produktiv arbeiten, der cleverer ist, hat andere Möglichkeiten.Ich habe bislang noch nie verstanden, dass Firmen Abiturienten für eine betriebliche Ausbildung suchen, diese dann einstellen und sich später wundern, dass diese dann nach der betriebl. Ausbildung den Ausbildungsbetrieb wieder verlassen. Dass das wirtschaftlicher Unsinn ist, das dürfte auch dir sicherlich einleuchten. Nicht umsonst sucht in Gö ein größerer feinmechanischer Betrieb Hauptschüler für die betriebliche Ausbildung als Maschinen- und Anlagenführer. Die Erfahrung ist die, dass diese dann im Betrieb bleiben.Wolfgang

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Beitrag von oldierolli » Fr 22. Okt 2010, 17:23

Hallo, Hauptschüler und betriebliche Ausbildung: damit gab es in Westdeutschland genau das bekannte "Wirtschaftswunder". Erst in den 70ern wurde es Mode, statt einer LEHRE zum "Bäcker" ein STUDIUM der "Backprozess-Technologie" zu absolvieren... Und die Sozis wollten das "Volksabitur". Das ist so, als wenn man V-Power in alle Normalfahrzeuge kippt. Gruß. Rolf

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Beitrag von oldsbastel » Fr 22. Okt 2010, 17:36

Zitat:Original erstellt von wokri am/um 22.10.10 17:05:21Aber kommen wir mal auf deine Aussagen zurück, du schreibst im zweiten Absatz, dass die Betriebe nur soviel Azubis einstellen können wie von der Schule kommen, da liegst du aber falsch!Wieso liege ich da falsch? Wenn es nur 10 Schulabgänger bzw. potenzielle Azubis gibt, dann können nur 10 Azubis ausgebildet werden. Mehr als 100% geht nunmal nicht. Auch das lernt man in der Schule. Und wenn mit den vorhandenen 10 Fachkräften nicht alle vorhandenen 20 Stellen besetzt werden können, dann muss der Rest eben woanders herkommen. Ist ja irgendwie auch naheliegend.Ich habe auch nie die Eltern von ihrer Verantwortung befreit, aber die persönliche und schulische Ausbildung bis zum Berufseintritt ist nunmal Sache der Schule und der Eltern und nicht der Betriebe. Die Betriebe können aber sicher erwarten, dass diese beiden Personenkreise und Institutionen bis zu diesem Zeitpunkt ihren Job vernünftig gemacht haben, soweit es ihnen möglich war, damit die Betriebe diese Arbeit vernünftig fortsetzen können.Ich kenne mittlerweile einige Handwerksbetriebe (und das ist nunmal einer der wichtigsten Ausbildungsbereiche), die sich komplett aus der Ausbildung verabschiedet haben. Das liegt aber weniger an wirtschaftlichen Gründen, sondern in den Persönlichkeiten, die Ihnen von der Schule und den Eltern geschickt werden. In allen kaufmännischen und handwerklichen Bereichen hast du in aller Regel reichlich Kundenkontakt. Das heißt, es gehört ein Minimum an Umgangsformen, sprachlicher Qualifikation und Allgemeinbildung dazu. Und wenn ich mich bei den Handwerksbetrieben so umhöre, dann haben die Handwerksmeister fast durchgehend die Nase voll. Auch im Handwerk muss gerechnet werden. Scheinbar ist aber ein nicht unerheblicher Teil der Schulabgänger nicht einmal in der Lage, einen Dreisatz zu lösen. Auch das höre ich immer wieder. Es ist also kein Wunder, dass die Handwerksbetriebe auf Abiturienten für die Ausbildungsstellen zurückgreifen, weil sie sich davon mehr erhoffen.Die Ausbildungsplätze in der Industrie sind nunmal nicht der größte Teil.Beitrag geändert:22.10.10 17:54:49

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Beitrag von oldierolli » Sa 23. Okt 2010, 16:58

Hallo, den Dreisatz lernt man m.W., überall, ca. in der 6.Klasse. Umgangsformen sind m.W. kein Schulfach, Sprachkenntnisse werden heute auf dem Gymnasium derart vermittelt, dass Nachrichtensprecherinnen bei Arkansas nicht "Arkänsooh", sondern "Arkänsääs" sagen. Oder man begeht unzulässigen "Kausal-Slalom": "entsprechend DES Vertrages"; aber dann dennoch richtig "es entspricht DEM Vertrag" statt der Logik folgend "entspricht DES Vertrages". Also Bulimie statt Vertändnis. Allgemeinbildung bedeutet zwar Goethe "interpretieren", aber keine Kenntnisse des wichtigen (volkswirtschaftlichen) "Magischen Vierecks" oder des "Rhetorischen Dreiecks" zu besitzen. Statt Substanz werden heute PC-Präsentationen (Power Point) als Selbstdarstellung (=Fassade) praktiziert. Aktuell informierten Gruß. RolfBeitrag geändert:23.10.10 17:01:48

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Arbeitsmarkt: Kommunismus statt Markt?

Beitrag von BUMI45 » Sa 23. Okt 2010, 20:48

Moin, Ausbildungsnachweise sind meines Wissens nur in staatlich alimentierten Bereichen (öffentlicher Dienst und sonstige hoheitliche Aufgaben) zwingend. Dass da zu wenig Fachpersonal ist, meint die Wirtschaft doch sicher nicht. Wenn also jemand irgendeinen ausländischen Ausbildungsnachweis vorlegt, stellt die Wirtschaft ihn ein und stellt fest, ob er das kann, was die Wirtschaft von ihm möchte und fertig.Beispiel aus der Seefahrt: Eine Reederei hat auf den Gilbertinseln ein Trainingszentrum für angehende Seeleute eingerichtet. Die werden ausgebildet und eingestellt. Deshalb findet man kaum noch deutsche Seeleute.Gerade in US geführten Unternehmen wird in Deutschland nicht mehr ausgebildet. Seine Fachkräfte holt man aus dem Handwerk. Die ehemaligen Lehrwerkstätten sind der öffentlichen Hand überlassen worden und trocknen langsam aus.Schade drum, die Lehrwerkstätten bildeten gut aus, Lehrlinge waren da keine billigen Handlanger.Gruß, Burgfried

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Beitrag von SEAT » So 24. Okt 2010, 12:57

Wir hatten aktuell einen Mitarbeiter im Finanzbereich gesucht... Hauptvoraussetzungen Bachelor- oder Mastertitel (oder vergleichbare nationale Abschlüsse - ich arbeite nicht in Deutschland) in Wirtschafts- oder Finanzfachrichtungen, Kenntnisse im Aufbau und der Analyse wirtschaftlicher Modelle sowie verhandlungssicheres Englisch, da dies die Firmen- und Branchensprache ist. Innerhalb von 5 Tagen kamen an die hundert Bewerbungen via Internet... 80% hatten kein Anschreiben dabei (und wie soll ich dann wissen, warum z.B. ein Software-Ingenieur meint, er könne Finanzanalyse betreiben? Und warum wollen die Leute ausgerechnet in unser Unternehmen?) Die Hälfte schickte ihre Lebensläufe auf Französisch oder Deutsch - warum respektieren, dass die Unternehmenssprache Englisch ist? Teilweise waren die Lebensläufe so konfus strukturiert, dass man sie nach (maximal) einer halben Minute guten Willens auf die Seite gelegt hat. Ungefähr ein Drittel hatte Stellen- und/oder Unternehmensbezeichnung nicht richtig in der Bewerbung angegeben - und das für eine Stelle, bei der in der Ausschreibung ausdrücklich Wert auf präzises Arbeiten gelegt wird. Knapp die Hälfte hatte erhebliche Rechtschreib- und Grammatikschwächen. Umso ausgeprägter war bei einigen die Vorstellung, dass es sich bei deser Analysten-Position zweifellos um eine hochdotierte Abteilungsleiterstelle handeln müsse.Immerhin, wir haben letztlich einen geeigneten Kandidaten gefunden - auch wenn ich zwischendurch den Glauben daran fast schon verloren hatte... Formell waren alle Bewerber hochqualifiziert. Die meisten hatten mindestens Master-Level in ihren jeweiligen Ländern erreicht, teils noch mit MBA obendrauf etc. Ein Armutszeugnis für die Europäische Hochschullandschaft.

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Beitrag von oldsbastel » Mo 25. Okt 2010, 09:14

Zitat:Original erstellt von BUMI45 am/um 23.10.10 20:48:01Wenn also jemand irgendeinen ausländischen Ausbildungsnachweis vorlegt, stellt die Wirtschaft ihn ein und stellt fest, ob er das kann, was die Wirtschaft von ihm möchte und fertig.Ganz so einfach ist das dann doch nicht. Der zukünftige Arbeitgeber muss für seinen zukünftigen Angestellten ein Visum und eine Arbeitserlaubnis beantragen. Mit Umzug und allem Drum und Dran sind dann schnell auch mal 6 - 9 Monate verstrichen, zumindest wenn es sich um Mitarbeiter aus dem außereuropäischen Raum handelt. Wenn es sich nicht um ganz "exotische" Mitarbeiter handelt, ist dieses Verfahren für viele Unternehmen einfach uninteressant.

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Beitrag von oldsbastel » Mo 25. Okt 2010, 09:17

Zitat:Original erstellt von SEAT am/um 24.10.10 12:57:03Die Hälfte schickte ihre Lebensläufe auf Französisch oder Deutsch - warum respektieren, dass die Unternehmenssprache Englisch ist? Man schreibt nunmal lieber in der Muttersprache, wenn die BEwerbung nicht explizit anders gefordert wird. Oder hättest du eine BEwerbung in Englisch berücksitigt, die sprachlich nicht ganz sauber ist?

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Beitrag von BUMI45 » Mo 25. Okt 2010, 12:43

Moin, @ oldsbastel:"Der zukünftige Arbeitgeber muss für seinen zukünftigen Angestellten ein Visum und eine Arbeitserlaubnis beantragen. Mit Umzug und allem Drum und Dran sind dann schnell auch mal 6 - 9 Monate verstrichen,..."Wird das besser, wenn in der BRD auswärtige Abschlüsse anerkannt werden? Das Problem bleibt das selbe. So wie es die Wirtschaft wünscht, liegt der Vorteil (Auswahl aus einem Pool) bei den Unternehmen, die Nachteile (Der Rest derer, die dem Pool nicht entnommen werden)bleibt der Allgemeinheit. Gruß, Burgfried

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